Donnerstag, 26. Januar 2012

Legasthenie - bessere Therapie dank Früherkennung

Max-Planck- und Fraunhofer-Wissenschaftler wollen die Lese- und Rechtschreibschwäche schon bei Kleinkindern diagnostizieren

Das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie und das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften aus Leipzig entwickeln gemeinsam einen Frühtest zur Diagnose von Legasthenie. Ziel ist es, Legasthenie bereits im Kleinkindalter zu erkennen und dadurch früher und effektiver zu behandeln.

Legasthenie ist eine schwere und andauernde Störung im Erwerb und Gebrauch der Schriftsprache. Den Betroffenen fällt es schwer, Gesprochenes in Schrift umzusetzen und umgekehrt. Dabei ist diese Form der Lese-/Rechtschreibschwäche (LRS) keineswegs mit einer verminderten Intelligenz assoziiert. Da in der heutigen Gesellschaft jedoch ein Großteil des Wissenserwerbs und -austauschs schriftsprachlich erfolgt, gehört die Legasthenie zu den bedeutendsten Entwicklungsstörungen unserer Zeit. Etwa fünf Prozent aller Schulkinder sind von Legasthenie betroffen, jedes Jahr kommen allein in Deutschland etwa 35.000 Betroffene hinzu.

Dabei ist Legasthenie gut therapierbar. Besonders erfolgversprechend erscheint dabei ein frühes Training bereits im Kindergartenalter. Voraussetzung dafür ist jedoch eine frühzeitige Diagnose. Die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Diagnoseverfahren basieren ausschließlich auf schriftlichen und anderen sprachbasierten Tests. Diese können erst relativ spät durchgeführt werden. Die Untersuchung von Kindern ist in der Regel erst kurz vor oder nach Schulbeginn möglich. Da wesentliche Grundlagen des Schrift- und Spracherwerbs jedoch bereits ab der Geburt erworben werden, geht wertvolle Zeit für die Therapie verloren.
In einem gemeinsamen Forschungsprojekt zwischen dem Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie soll dieses Problem gelöst werden. Ziel ist es, ein zuverlässiges Diagnoseverfahren zu entwickeln, welches bereits im Kleinkindalter durchgeführt werden kann, also lange vor dem Erwerb von Lesen und Schreiben. Zudem soll das Projekt wesentlich zum grundlegenden Verständnis der Legasthenie und ihrer zugrundeliegenden Pathogenese beitragen.

Vorangegangene Studien haben gezeigt, dass Legastheniker bereits sehr frühzeitig in der Sprachverarbeitung charakteristische Veränderungen in der Gehirnaktivität zeigen. Zudem ist bekannt, dass Legasthenie auch genetisch bedingt ist. Somit sind entsprechende neuronale Signaturen und genetische Muster vielversprechende Indikatoren, die zur Diagnose verwendet werden können. Gemeinsam werden die beiden Forschungsinstitute daher Patientengruppen mit modernen hirnphysiologischen und bildgebenden Verfahren (z. B. Elektroenzephalografie, Magnetresonanztomografie) auf solche Veränderungen untersuchen und genetische Risikovarianten anhand von Speichelproben identifizieren. Aus diesen Erkenntnissen wird ein breit einsetzbarer Frühtest entwickelt, der zukünftig potenziell LRS-gefährdete Kinder identifizieren soll.

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen